Kompletter Albert Jahn

Hier sind die «Alterthümer und Sagen in der Umgebung des unteren Thunersees» von Albert Jahn – komplett und mit KI bereinigt. Daher kann keine Gewähr für die absolute Korrektheit und Vollständigkeit übernommen werden. Ein erstes Durchsehen hat jedoch gezeigt, dass die meisten Orts- und Flurnamen korrekt wiedergegeben wurden. Eine wertvolle Quelle, die mir an gewissen Stellen auch immer wieder ein Schmunzeln entlockt.

Ich werde das mit der Zeit etwas besser strukturieren, markieren und eventuell kommentieren.

Nachdem im Jahre 1853 zu Spiez, oben im Dorfe, auf den im Pflanzland des Lehrers Meinen abgedeckten Tufflagern, gerade unterhalb der Oberlandstrasse, keltische Reihengräber, die Bronze- und Bernsteinschmuck lieferten, entdeckt worden waren (Histor. Zeitung 1854, S. 26 f.), stiess man im Sommer 1860 unten im Dorfe, in der sogenannten Sodmatte, zunächst dem Hause des Gerichtspräsidenten Mützenberg, beim Anlegen eines Weges ebenfalls auf Reihengräber. Die Gerippe lagen nur 1 Fuss tief, in kohlenhaltiger Erde, von rohen Steinen und Tuffriemen eingefasst; eines derselben war mit einer rohen Steinplatte bedeckt. An metallenen Beigaben, welche meist fehlten, erhob man einen kleinen Löffel von messingartiger Komposition, zwei eiserne, einschneidige, kurze Schwerter mit langem Griff ohne Parierstange und Schnallenstücke nebst kleinen Gehängeringen von gleichem Metall. Übrigens lagen zerstreute Tonscherben in den Gräbern. Leider kamen Altertumsforscher erst an Ort und Stelle, als die Arbeiter ihr Werk beendet hatten, und übertriebene Forderungen für Bodenentschädigung hinderten planmässige Nachgrabungen in dem nur geschürften Gräberterrain. Der Löffel gelangte an Herrn G. v. Bonstetten; die Schwerter erwarb der Referent. Man wollte nun diese Begräbnisse aus der Zeit des Kriegszuges, den Berchtold V. von Zähringen im Jahre 1191 in das Oberland unternahm, und von einer Niederlage des Burgherrn von Spiez und seiner Leute herleiten. Ein oben in der Sodmatte liegender Erdhügel, wahrscheinlich ein Grabhügel, soll das Grab des Ersteren bedecken. Allein diese Reihengräber sind, aus den erwähnten Fundstücken zu schliessen, über ein halbes Jahrtausend älter und reichen in die Zeit der romanisierten Burgundionen hinauf. Dagegen datieren aus dem späteren Mittelalter eiserne Bolzen, die man unweit jener Gräber in einem Dorfweg ausgrub, desgleichen eine auf dem Spiezmoos bei einem kopflosen Gerippe gefundene, von Herrn G. von Bonstetten erworbene messingene Schmuckkette, bestehend aus aneinander geketteten, etwas gebogenen Spangengliedern mit arabeskenartiger Ciselierung. Byzantinisch oder neurömisch wird eine in der Neumatt auf dem Spiezmoos erhobene, nach Thun verkaufte Goldmünze gewesen sein, welche das Bild eines den sogenannten Reichsapfel tragenden Kaisers aufweist. Auf dem Spiezmoos ist man übrigens schon auf altes Gemäuer im Boden gestossen und hat daselbst alte, sohlenartige Hufeisen ausgegraben.

Die Kirche zu Spiez, wohl eine der schönsten Landkirchen des Kantons und im reinsten romanischen Stil erbaut, ist, wiewohl sichtbar restauriert, sehr wahrscheinlich die urkundlich 763 erwähnte Basilika von Spiez. Das Rundchor, mit den in gleicher Form, aber rückwärts anstossenden Verlängerungen der Seitenschiffe, stellt im Grundriss das Kleeblatt dar. Zu je drei und fünf durch Leisten unterschieden, stehen unter dem Dachgesims Halbkreisbogenfriese, dergleichen auch an der Kirche zu Einigen und an der Kapelle zu St. Columban beim Nachbardorf Faulensee vorkommen. Portale und Fenster der Kirche sind sämtlich rund gewölbt aus Tuffstein, dessen rötliche Farbe gegen den weissen Wandbewurf nett absticht.

Vom Schloss zu Spiez, dessen Turm in seinem unteren Teil durch die Kropfsteinbauart hohes, wenn gleich nicht, wie man meinte, römisches Altertum beurkundet, zieht sich gegen die Bucht des Sees hinab ein wohlerhaltener Teil der ehemaligen Stadtmauer, mit hohem, schmalem Tor. Im ehemaligen Städtchen zeigt ein Haus an der Nordseite ein tief im Boden stehendes, vermauertes Rundportal mit Tuffsteinwölbung. Unterhalb der Kirche, gegen das Pfarrhaus hin, stehen weitere Reste der alten Stadtmauer, mit dem Rest der Seitenwand eines aus Tuffstein angebauten Portals. Sämtliches Mauerwerk der Befestigungen ist aus Bruchsteinen, Kieseln, grossen Rollsteinen und Ziegelfragmenten aufgeführt.

In der Untiefe, die von der Landzunge von Spiez eine Strecke weit in den See hinaus reicht, fand man vor Längerem den „Säbel“, angeblich eines Franzosen. Ob aber dort vielleicht ein Pfahlbau gestanden und der angebliche Franzosensäbel ein altes Schwert gewesen?

Im oberen Teil des Dorfes Spiez, dessen unterster Teil noch heute volksmässig „das Städtlein“ heisst, steht ein sogenanntes Heidenhaus mit hohem steinernem Unterbau. Mitternächtliches Klopfen und ein unterirdisches Geräusch wie von Grabenden, soll darin bei Witterungswechseln sich vernehmen lassen. Sowohl zu Spiez als auch im benachbarten Hondrich soll das Nachtvolk, ein gespenstiger nächtlicher Leichenzug, sich bisweilen zeigen.

Auf dem felsigen, waldbewachsenen Vorgebirge der Spiezfluh befindet sich ein kleines Plateau, der sogenannte Lustplatz; dort soll ein Fräulein in gelbem Gewand umgehen. Ein dunkler Streifen, der sich bei Witterungswechseln im See vor Spiez zeigt, bezeichnet, nach der Sage, die Spur der Fahrt des Burgherrn von Strätlingen, der von da gegen den Faulenseewald, wo ein Streifen stets laublos bleibt, und weiterhin gegen die Aeschi-Allmend zieht.

Auf den Bürgen, einem felsigen Waldhügel zwischen Spiez und Faulensee, befinden sich sogenannte Heidenlöcher, tiefe, meist senkrechte, seltener waagerechte Felshöhlen; sie sollen stets sauber gefegt sein. Der Dürst oder das Dürstgejäge rauscht vom Bürgen gegen den Hondrichwald, von da gen Spiez und nach dem Bürgen zurück, wenn es anderes Wetter geben will.

In der Grub, zwischen Faulensee und Spiez, am Fusse des Bürgen, liegt ein Erdhügel, aus dem sich ein Steinblock erhob. Die Angabe, dass man beim Wegsprengen desselben eine Goldmünze gefunden habe, scheint auf einer Verwechslung mit dem vorerwähnten Fund im Spiezmoos zu beruhen. Dagegen ist merkwürdig ein daselbst ausgegrabener, am vorbeiführenden Wege liegender grosser, länglicher Stein, der oben und unten muldenförmig ausgehöhlt ist.

Das an einer ziemlich seichten Bucht des Thunersees gelegene Dorf Faulensee soll einst Gutensee geheissen haben, in Folge aber des Versinkens des ehemaligen Dorfes den Namen Faulensee erhalten haben. Vielleicht liegt dieser Sage das Andenken an eine vorzeitliche Pfahlbauansiedlung in dortiger Bucht zugrunde.

In altertümlicher Beziehung ist zu Faulensee sehr bemerkenswert der aussichtsreiche, gegen den See vorspringende Hügel, auf welchem neben einem Bauernhaus, genannt Glum (Glumhaus), die als Stall und Speicher benutzte Ruine der ehemaligen Kapelle des heiligen Columban liegt, jenes irischen Apostels, welcher, der Lehrer des nach ihm benannten h. Columbanus, seinen Namen von dem christlichen Symbol der Taube bekommen. Laut der Sage wäre die Pfarre Einigen, nach Zerstörung dortiger Kirche durch die Bauern, temporär hierher verlegt und, wie früher nach Einigen, so hierher stark gewallfahrtet worden. Bis an das abgebrochene und in seiner Öffnung vermauerte Chor ist dieser ehrwürdige, fast kirchenartige Bau noch leidlich erhalten. Das Baumaterial ist demjenigen der alten Stadtmauer von Spiez gleich; Fenster und Türen sind aus Tuffstein rund gewölbt. Wie an der Kirche zu Spiez, zeigen sich hier Halbkreisbogenfriese. Nahe bei der Ruine erhebt sich, zuäusserst auf dem Hügelplateau, dicht über dem jähe abfallenden Seeufer, eine sichtbar aus überwachsenen Bauresten bestehende steile Erhöhung. Möglich, dass dieselbe Baureste des abgebrochenen Chors enthält; möglich aber auch, dass hier noch ältere Reste liegen. Wenigstens ist am obersten Abhang des Hügels gegen die Oberlandstrasse Mauerwerk im Boden anstehend, welches eine unverwüstliche Festigkeit besitzt und jedem Versuch des Abbrechens trotzt.

Noch weiter unten an diesem Abhang ist man schon verschiedentlich auf Totenreste gestossen, welche kaum aus der katholischen Zeit herrühren werden, da man in derselben wohl eher auf der Fläche des Hügels bestattete. Lässt jenes unverwüstliche Mauerwerk fast römischen Anbau vermuten, so beweist ein am Fusse des Hügels, angeblich beim Anlegen der Oberlandstrasse, im Begleite von zwei bronzenen Dolchen gefundenes Schwert gleichen Metalls (K.B. S. 506) noch weit früheres kriegerisches Wesen auf diesem, vermöge seiner Lage zu einem festen Punkt trefflich geeigneten Hügel. Auch ist es bekannt, dass zu christlichen Kultstätten vorzugsweise Lokalitäten ausersehen wurden, wo die heidnische Vorzeit ihr gottesdienstliches oder kriegerisches Wesen getrieben hatte. Darum dürfte denn auch letztlich die nächste Umgebung eines unten am Hügel vorspringenden, oben flachen Steinblocks näherer Untersuchung würdig sein.

An die Altertümer von Spiez und Umgebung fügen wir exkursweise noch einige Notizen über solche in den vom Thunersee entfernteren Umgebungen der benachbarten Pfarrdörfer Aeschi, Reichenbach und Frutigen.

Ungefähr Mitte Weges von Aeschi abwärts nach Spiez fand Dr. German früher an einem Felsblock eingegrabene Zeichen, ähnlich nordischen Runen. Aus der oberhalb Aeschi (K. B. S. 275) gelegenen, auf Greberen genannten Alp befinden sich sogenannte Heidenlöcher, welche als ehemalige Zufluchtsorte der Heiden gelten. Auf der oben anstossenden Lattreien-Alp wurde um 1850 ein aus rohen Steinplatten angelegtes Grab entdeckt, in welchem ein Gerippe lag. Von gefundenen Beigaben wird nichts gemeldet.

In der Kirchgemeinde Aeschi liegt gegen Reichenbach hin der Kapellenwald mit der Ruine einer angeblichen alten Kapelle. Ein Gewölbe in derselben soll noch vor nicht Langem eine Strecke weit gereicht haben. In der Gegend des nach Reichenbach eingepfarrten Dorfes Mühlenen (K.B. S. 303) liegt ein tumulusartiger Hügel.

Einen wichtigen Fund machte man im Jahre 1848 im sogenannten Heustrich, am Fuss des Niesen, indem auf einer dortigen, 500 Fuss über der Kander und Reichenbach gegenüber gelegenen Weide, in geringer Tiefe, viele stark oxidierte Brocken eines Erzkuchens, im Gesamtgewicht von 12 Pfund, ausgegraben wurden. Der Fund gelangte später an Herrn Berghauptmann Beckh in Thun. Nach Analyse von Herrn Prof. v. Fellenberg in Bern stammt das Kupfer der Erzkomposition, gleich demjenigen unserer meisten Bronzen, aus dem Wallis, und es ist also das Kupfer entweder in rohem Zustand von dort importiert und diesseits mit Zinn komponiert worden, oder die Komposition wurde fertig hergebracht, um verarbeitet zu werden. Selbst in letzterem Falle beweist aber der Fund das Vorhandensein alteinheimischer Erzgiesskunst in unseren Gegenden, wovon sich auch im Flachlande Spuren bei uns gezeigt haben. Siehe die Pfahlbaualtertümer von Moosseedorf, S. 31, und v. Fellenberg, Analysen von antiken Bronzen I, S. 52. Nr. 12. Zu den dort angeführten Belegen kommt noch ein im Jahre 1858 zu Maikirch mit verschiedenen Bronzen aufgefundenes Erzkuchenstück. In Bezug auf das Oberland ist beachtenswert ein im Guss roher, zu Ringolzwyl gefundener Kelt, wenngleich an eine dortige Erzgiessstätte wegen der Verschiedenheit der mitaufgefundenen Exemplare nicht gedacht werden darf. Von besonderer Wichtigkeit ist nun aber der Fund im Heustrich, und zusammengehalten mit den hievor angedeuteten, ist er vollkommen geeignet, die allerneueste, von Dr. Lindenschmit aufgestellte Hypothese von einer fremden, griechisch-italischen oder etruskischen Fabrikation und Einführung der diesseits der Alpen vorkommenden antiken Bronzen zu widerlegen, wenngleich nicht geleugnet werden kann, dass die keltischen Erzkünstler diesseits der Alpen griechische Muster, namentlich beim Fabrizieren der Schwerter und Dolche, nachgeahmt haben und Bildwerke, wie das etruskische von Grächwyl, hervorzubringen unvermögend gewesen sind. Überdies beurkundet der Fund uralten Handelsverkehr zwischen dem Berner Oberland und dem Wallis, sei es, dass das rohe oder komponierte Erz über den Sanetsch durch das Simmental hierher gelangte, oder, was wahrscheinlicher, über den Lötschenpass durch Gastern ins Kander- und Frutigthal gebracht wurde.

Selbst in unseren höheren Alpengegenden gehen die Spuren grauen Altertums keineswegs aus. Auf der zur Bäuert Mitholz, Kirchgemeinde Frutigen, gehörenden, nordöstlich über Mitholz und Felsenburg gelegenen Alp Giesenen befindet sich ein alter Mühlstein, der als Zeuge ehemaligen Getreidebaus in dieser Alpengegend angesehen wird. Das Gleiche gilt von einem Stunde oberhalb Mühlenen am Riesen liegenden Mühlstein, von welchem die Tradition meldet, dass er ehemals viel weiter oben gelegen und vom Berge herabgerutscht sei. Selbst auf der Höhe des Niesen befindet sich, nach der Aussage von Augenzeugen, ein Mühlstein. Ob aber diese sogenannten Mühlsteine, dergleichen auch auf andern hochgelegenen Punkten bei uns vorkommen (K. B. S. 241, 300), nicht eher zu einem anderen Zwecke bestimmt waren und in der keltischen Vorzeit eine sonnendienstlich-sinnbildliche Bedeutung und Bestimmung hatten? Wir erinnern hierbei an den im Schönbühl bei Thun entdeckten, von einem Kohlenlager umgebenen Stein von der Form eines Mühlsteins, über welchen K. B. S. 278 nachzusehen. Wirklich ist der oberhalb Mühlenen befindliche sogenannte Mühlstein, nach der Aussage eines Augenzeugen, der ihn untersucht hat, keineswegs ein regelrechter Mühlstein, sondern, obschon rundlich geformt und von der Grösse eines gewöhnlichen Mühlsteins, hat derselbe mehrere unregelmässige Vorsprünge, und das Loch in der Mitte schliesst zwar nicht, ist aber nicht durchgehend, übrigens so gross, dass man den Kopf hineinstecken könnte. Es liegt demnach die Vermutung sehr nahe, diese sogenannten Mühlsteine bilden eine bisher unbeachtet gebliebene Klasse unserer keltischen Steindenkmäler und seien dem Sonnendienst gewidmete, besonders auf Höhen errichtete Altäre gewesen, so zwar, dass die in der Mitte angebrachte Vertiefung zum Opfern diente.

Auf der bewaldeten Westseite des lang gedehnten Hügelkamms (Strättligrain), dessen südliche, unbewaldete Verlängerung den durch tiefe Erdeinschnitte isolierten Burghügel trägt, zeigen sich, noch ehe man das unbewaldete Plateau unterhalb der Burggegend betritt, mehrfache, quer über den Waldabhang gezogene Erdwälle, an deren einem, rechts neben dem darüber führenden Waldwege, ein überwachsener Trümmerhaufen liegt. Augenscheinlich befanden sich hier Vorwerke und ein Befestigungsbau, welche den hierseitigen Zugang zum Plateau und zur Burg abschliessen sollten.

Am östlichen Strättligrain, unweit der Burg, ist jüngst ein Landmann in einer dortigen Weide auf Gemäuer im Boden gestossen und hat daselbst kleine Hufeisen, mit Nägelkrinnen in der Rundung, ausgegraben. Auch gewahrt man im Königen Weideland, unter dem obersten Abhang, lang gedehnte, schmale Terrassen, unter welchen die Landleute Mauerwerk vermuten. Die alte Oberlandstrasse führt, nach der Ansteigung im Gwatt, in gerader Linie unterhalb der Burg durch und zeichnet sich durch eine starke Steinbettung aus. Der Name der Burg (urkundlich Stretelingen) steht mit der Strasse (römisch Strata) in unverkennbarem Zusammenhang und bezeichnet ihre Anlage als Strassenkastell. Weiter unten wurde vor Längerem beim Anlegen der neuen Strasse ein kohlenhaltiges Terrain mit Reihengräbern geschürft und darin das Gerippe eines Kriegers, mit dem Schwert zur Seite, gefunden. Nachgrabungen förderten jedoch keine weiteren Altertumsreste zu Tage.

Vom Strättligturm, woselbst im Hofraum, beim Einrammen von Holzpfosten, ein Steckeisen in die Tiefe fuhr, soll nach übereinstimmender Aussage der Landleute der Umgebung ein unterirdischer Gang in südöstlicher Richtung nach dem Seeufer zwischen dem Gute im Teller und dem Örtchen Ghey geführt und dort in einer jetzt zugeworfenen Hohlgasse gemündet haben. Die Sage meldet, der Burgherr habe diesen geheimen Ausgang in der Weise benutzt, dass er, um sich Nachstellungen zu entziehen, das Pferd, auf welchem er ausritt, mit verkehrten Hufeisen beschlagen liess. Unweit von dem Auslauf des ehemaligen Hohlweges lag noch vor einigen Jahren ein bei 10 Fuss hoher, rundlicher Erdhügel. Als derselbe 1854 behufs des Ausfüllens der Hohlwegmündung abgegraben wurde, stiessen die Arbeiter auf Totenreste und erhoben bei denselben zwei bronzene Armringe, von welchen der eine verloren ging, der andere durch den Finder verstümmelt und zum Teil zu Messingstiften verarbeitet, später aber als Gold irrig taxiert und überschätzt wurde. Die Fragmente zeigen die Form eines in wellenförmigen Anschwellungen schön gearbeiteten, an den Enden knopfartig auslaufenden, halbgeschlossenen Armringes. Ganz nahe, weiter gegen das Hochufer des Sees hinaus, steht in der Richtung von Ghey ein kleiner, auffallend gewölbter Erdhügel, der ebenfalls ein Grabhügel zu sein scheint, aber noch nicht untersucht ist.

Im Ghey selbst ist bemerkenswert das äusserste seeaufwärts gelegene Haus, ein sogenanntes Heidenhaus, mit starkem, steinernem Unterbau, in welchem auf der Südseite ein vermauertes Rundportal mit Tuffstein gewölbt ist. Ebendaselbst sind simulierte Eckquadrierungen dem Kalkbewurf eingerissen, wie sie an der Kirche zu Spiez vorkommen. Der nördliche, als Kelterraum benutzte Anbau erhebt sich, ganz aus Gestein aufgeführt, bis unter das Dach. Vermutlich war dieses Haus in katholischer Zeit eine Dependenz der Pfarre Einigen; es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass sich in demselben das von der sogenannten Einigen-Chronik erwähnte, um 1170 im Ghey gestiftete „Bruderhaus“ zum Teil erhalten hat. Das in auffallenden Hügeln und Vertiefungen abwechselnde Terrain um Ghey dürfte aber Reste noch weit älteren Anbaus in sich bergen, und eine vom Ghey seeaufwärts sich ziehende seichte Uferstelle könnte möglicherweise zu einer vorzeitlichen Pfahlbauansiedlung gedient haben.

Zu Einigen sollen öfters Altertumsreste aus Metall ausgegraben, aber von den Bauern meist zu eigenem Gebrauch verarbeitet werden. Die Kirche, nach der Sage durch die Bauern, zur Strafe für die Zerstörung der alten Mutterkirche des Oberlandes, ärmlich genug erbaut, zeigt an dem romanischen Rundchor die bei der Kirche zu Spiez erwähnten Halbkreisbogenfriese, welche sich jedoch hier, zwei um zwei, in Pfeiler nach unten verlängern. Vergleiche übrigens Die Schwalbe, ein Berner Volksbuch. 1853. S. 37 ff.

Auf die nähere Umgebung von Strättligen zurückzukommen, so streicht westlich parallel mit dem Höhenzug von Strättligen und von diesem nur durch den Kandergrund geschieden, der südliche Ausläufer des Zwieselbergs. Die äusserste Spitze desselben, welche gegen die Simmentalstrasse steil abfällt, trägt die Ruine eines bis an den Fuss abgebrochenen starken viereckigen Turmes, und bedeutende Erdwerke zeigen sich noch auf der Zugangsseite der ehemaligen Burg, welche dem Turme von Strättligen südwestlich gegenüber liegt. Dieser Punkt heisst schlechtweg „das Bürgli“. In der Ebene unterhalb desselben wurde vor einigen Jahren, sechs Fuss tief unter dem Kiesgrund, eine unkenntliche römische Münze in Mittelerz gefunden, und in der gleichen Gegend fand man vor Längerem eine bronzene Haarnadel, welche Funde beweisen, dass diese Gegend vormittelalterlichen Anbau hatte.

Der durch seine Gräber aus der Bronzezeit berühmte, am westlichen Ende der Schorren-Allmend bei Thun gelegene Renzenbühl hat seit den K. B. S. 257 f. erwähnten Funden eine beim Kiesführen erhobene, Herrn G. von Bonstetten fragmentarisch zugekommene Bronze geliefert. Es ist dies ein längliches, ziemlich schmales und plattes, auf der einen Seite mit einem flügelartigen Ansatz versehenes Stück, dessen Vorderfläche mit dreieckigen Feldern eingegrabener Parallelstriche verziert ist. Das Ganze, von welchem dies nur ein Teil ist, war eine grosse Haarnadel, wie sie bei Boquien, Bronzes et Druzes antiques, Taf. I, Fig. 2 abgebildet und S. 27 beschrieben ist. Dieser Fund und ein mit grüner Oxydation imprägniertes Vorderarmbein, welches Herr G. von Bonstetten, mit dem Referenten die Örtlichkeit jüngst begehend, in dortiger Kiesgrube auffand, veranlassten Ersteren zu umfassenden Nachgrabungen aus dem unbewaldeten Teil des Hügelzugs. Hierbei entdeckte man auf der östlichen Höhe desselben, 2 Fuss tief unter dem Rasen, ein aus Roll- und Bruchsteinen in der Richtung von NW nach SO angelegtes, am Boden mit flachen Geschiebplättchen sauber ausgelegtes Grab von 6 Fuss Länge und 2 Fuss Breite. Der mit Gestein angefüllte Grabraum schien ursprünglich trocken überwölbt gewesen zu sein, zeigte übrigens keine Spur von Totenresten, wohl nur in Folge des Einsturzes und der dadurch beförderten Verwesung. Auf dem Boden des Grabes erhob man jedoch eine zwischen zwei Steinplättchen gelegte bronzene Dolchklinge, welche im Verhältnis zu ihrer Kürze oben sehr breit, übrigens mit den Nietnägeln des fehlenden Griffs versehen ist.

In nordwestlichem Abstand von zwei Schritten entdeckte man ein ähnliches, jedoch grösseres, aber ganz leeres Grab. Weitere Gräber waren, ungeachtet sorgfältiger Nachforschung, nicht aufzufinden. Möglich übrigens, dass die Moräneablagerung des Renzenbühls in ihrem bewaldeten Teil noch Gräber birgt. Wenigstens hat ein Landmann der Umgebung beim Ausbrechen von Steinen im dortigen Wäldchen einen „alten Säbel“ gefunden, den er jedoch wegwarf. Über Form und Metall dieses Fundstücks war nichts Zuverlässiges zu vernehmen. Schliesslich sind noch folgende Gegenstände zu erwähnen, welche bei den Nachgrabungen auf der Hügelhöhe vorkamen: zwei bearbeitete Steine in Form und Grösse von Marksteinen, jedoch keine solche, sondern eher kleine Menhire; eine Steinkeule und eine stark verwitterte Kugel aus Granit; endlich ein 2 Fuss tief im Boden erhobenes Eisenfabrikat in der Grösse einer Baumnuss, inwendig hohl, wie es sich beim Zerschlagen zeigte, und mit der dichtesten Oxydation überzogen, welche nicht zweifeln lässt, dass dieser Gegenstand aus der Zeit der Anlegung der Gräber stammt, deren Erbauer demnach das Eisen, wenn auch nur als grosse Seltenheit, gekannt haben.

In der Gegend von Schorren fand ein hiesiger Bauer eine Kleiderhafte, welche aus einem viereckigen, auswärts gezackten Rückenzierblatt vier durch ein eingegrabenes Kreuz geschiedene Felder mit je vier ebenfalls eingegrabenen Disken trägt, übrigens mit einer Charniere versehen war und aus messingartiger Komposition besteht. Stoff, Form, Fassung und Ornamentation weisen dieses Fabrikat der ersten Zeit des römisch-keltischen Christentums zu. Die merkwürdige Verbindung des Kreuzes mit den Disken, diesen solarisch-symbolischen Ornamenten der Kelten, ist eine Akkommodation an den Paganismus, welche nicht ohne Beispiele im Gebiete der Kunst dasteht. Schorren hatte einst einen Burgstall, nach Hermann, einem unserer ältesten Antiquare, in seinem Verzeichnis verschwundener Burgen; allein diese Angabe ist mit anderen ähnlichen Gehalts anderswo widerlegt (K. B. S. 263).

Zu den römischen Grabsteinen von Amsoldingen (Inscriptiones Latinae Helveticae, Bd. II, S. 40) ist unlängst ein Meilenstein hinzugekommen, Dank der Spürgabe des Herrn Prof. Theod. Mommsen, welcher denselben in der Krypta dortiger Kirche entdeckt hat (Inscriptiones Latinae Helveticae, Bd. II, S. 64). Dieser Meilenstein ist dadurch merkwürdig, dass er eine Strassenverbindung zwischen Aventicum und Amsoldingen beurkundet. Seine Ergänzung erhält derselbe durch einen zu Sitten im Wallis befindlichen Meilenstein (Mommsen, a. a. O.), welcher eine Strassenverbindung zwischen Aventicum und Sitten bezeugt, die von Amsoldingen höchstwahrscheinlich durch das Simmental und das Saanenland über den Sanetsch nach Sitten ging. Unbegreiflich ist es zwar, dass die Distanz von Aventicum bis Amsoldingen nur auf 7 Leugen, das ist 3 Schweizerstunden, angegeben wird. So viel ist jedoch klar, dass mit der Strasse nicht die heutige Hauptstrasse über Bern und Thun gemeint sein kann. Vielmehr muss diejenige gemeint sein, welche, sicheren Anzeichen zufolge, von Aventicum durch das Freiburgische und Schwarzenburgische, von da über Riggisberg ins Gürbetal und landaufwärts nach Amsoldingen geführt hat. Ebenso rätselhaft ist die Distanz zwischen Aventicum und Sitten nur zu 17 Leugen angegeben. Dennoch steht der Strassenzug ausser Zweifel, und die vorbemerkte Fortsetzung nach dem Sanetsch wird durch verschiedene in dieser Richtung vorkommende Altertumsspuren konstatiert (K. B. S. 288 bis 302, besonders S. 285 f., Note).

Zu Uebeschi (K. B. S. 262 f.) fand man vor Längerem auf einem zum dortigen Landgute des Herrn Hürner, Gerber in Thun, gehörigen schöngelegenen und aussichtsreichen Hügel eine alte, unregelmässig gerundete Goldmünze, welche leider verloren ging. Eine später auf dem nämlichen Hügel gefundene, der verloren gegangenen ähnliche Goldmünze gelangte in den Besitz des Herrn Eman. von Graffenried und soll auf dem Avers drei springende Schweine, auf dem Revers einen Wagen darstellen, ein seltsames Gepräge, welches ein erfahrener Münzkenner, Herr Altlandammann Lohner in Thun, aus Selbstanschauung der nach seiner Aussage sehr undeutlich geprägten Münze in Abrede stellt. Immerhin ist keltisches Altertum derselben zu vermuten. Unweit von der Stelle, da die zweite Münze erhoben wurde, befand sich eine, wie es schien, künstliche Anhäufung ineinandergekeilter grosser Steine, welche eine blockartige Masse bildeten und nur mit der grössten Mühe losgebracht und weggeschafft werden konnten. Auf besagtem Hügel entdeckte man übrigens vor mehreren Jahren, 1 Fuss tief im Boden, ein mit Kohlen und Tonscherben angefülltes kleines Mauerquadrat, dessen Steine nur mit Lehm verbunden waren. Die Scherben sind angeblich römische. Leistenziegelfragmente kommen jedenfalls in dortiger Gegend vor.

Von dem am Nordende der Thun-Allmend gelegenen Uetendorf (K. B. S. 261) soll, nach Aussage der Landleute, ein unterirdischer Gang nach Uebeschi und den Höfen bei Amsoldingen führen. Von einem „Twing oder Schloss“ zu Uetendorf meldet der vorerwähnte Hermann. Allein urkundlich ist davon nichts bekannt, obschon Uetendorf als Oucleiuioif schon im Jahre 995 erscheint, und jene Angabe beruht lediglich auf einer irrigen Folgerung aus dem ehemaligen Vorhandensein eines Geschlechts zu Thun, welches sich von Uetendorf schrieb. Dagegen befindet sich auf dem nahen Heidbühl eine kastellartige römische Ruine (K. B. S. 259 f.), welche sich von dort über die Strasse nach dem Eichberg in der Richtung von Limpach ausdehnt.

Als man vor einigen Jahren die Fundamente der auf einer Anhöhe gegen Uetendorf hin liegenden Käserei zu Gurzelen (K. B. S. 248 f.) grub, stiess man auf menschliche Gerippe, bei welchen sich Fingerringe und Armspangen vorfanden. Nähere Angaben fehlen. Ein kleiner Münzfund im Moosacker unweit Gurzelen ist im Archiv des hist. Vereins III, 2. S. 53 erwähnt.

In demjenigen Teil des Längenbühlwaldes, welcher, der Kahlackerschlatt genannt, zwischen Gurzelen und Längenbühl liegt, erhebt sich auf einer natürlichen Anhöhe ein 6 Fuss hoher, wohl abgerundeter Erdhügel. Im Herbst 1860 aus Veranstaltung des Herrn G. von Bonstetten geöffnet, erwies sich derselbe als ein Begräbnishügel, dessen Kern aus zusammengehäuften grossen und kleinen Roll- und Bruchsteinen besteht. Etwas westlich vom Mittelpunkt lagen zwei ziemlich wohl erhaltene Gerippe, zwischen und unter dem Gestein eingesenkt, so zwar, dass das eine in halbsitzender, von W. nach O. gerichteter Lage von dem andern, schräg daneben von N. nach S. gelegten berührt wurde. Das Unordentliche der Bestattung und der gänzliche Mangel an Beigaben lassen eher auf heidnisch-alemannischen als auf keltischen Ursprung der Begräbnisstätte schliessen, wofern nicht dieselbe in der ferner zu untersuchenden Mitte eine Hauptbestattung in sich schliesst, bei welcher jene Toten als Menschenopfer fielen, wie dies schon bei anderen Grabhügeln beobachtet worden ist.

Zwischen Hofstetten und dem Bächikölzchen, letzterem näher, liegt ein giebelartig vorspringender Hügel; er gilt als der ehemalige Standort der Burg der urkundlich bekannten Ritter von Ried (K. B. S. 282). Im Rufeli, einen Strich Landes hinter dem Bächigut, wurde im Jahre 1810 ein grosser Fund von altem Erz und Eisen gemacht und an Herrn von Stürler von Fraubrunnen, damaligen Gutsbesitzer in der Mühlimatt, verkauft. Nebst Anderem befand sich darunter ein ehernes Gefäss von der Form eines Brennhafens, wie dem Berichterstatter ein glaubwürdiger alter Mann im benachbarten Hünibach erzählte. Da der Name Rufeli einen kleineren Erdsturz bezeichnet, so dürften jene Gegenstände durch einen solchen in unbekannter Vorzeit verschüttet worden sein.

Aus dem aussichtsreichen, gegen den Thunersee vorspringenden Eichbühl entdeckte Herr G. von Bonstetten, Gutsbesitzer daselbst, im Frühjahr 1860 zwei Furchengräber aus burgundionischer Zeit. Die Gerippe lagen nur 1 Fuss tief unter dem Rasen einer natürlichen Erhöhung auf der dem See zugekehrten Hügelfläche. Von Beigaben fand man eines der bei Spiez erwähnten kurzen Schwerter nebst einem ebenfalls eisernen Messer und einem knopfförmigen Zierrat aus messingartiger Komposition, bestehend in einem runden Gehäuse mit mehrfach verschlungenen Unterabteilungen, welche, jetzt hohl, einst wahrscheinlich mit farbigem Glase besetzt waren.

Beim Graben der Fundamente zu einem Neubau auf dem Bühl bei Hilterfingen (K. B. S. 282 f.) fand man jüngst keltische Bronzealtertümer, bestehend in Lanzen- oder Speerspitzen und Armspangen, dabei einen Schädel und verschiedene Überreste menschlicher Gebeine. Herr von Parpart, Eigentümer des Grundstücks, bewahrt diese Gegenstände. Die Angabe, dass jüngst zu Hilterfingen in einem Steinhaufen eine römische Kaisermünze gefunden worden sei, ist wegen der Unzuverlässigkeit des Finders noch zu bezweifeln.

In dem bergwärts auf sonniger und aussichtsreicher Halde gelegenen, durch die tiefe Schlucht des Hünibachs vom gegenüber liegenden Homberg getrennten Dörfchen Heiligenschwendi trägt eines der untersten Häuser den beachtenswerten Namen Hundschüpfen, der noch einige Male im Kanton wiederkehrt. Aus den alten Wörtern Hun und Schupfe zusammengesetzt, bezeichnet derselbe eine Ansiedlung aus vorgermanischer Zeit, indem Hun, d. h. Riese, dem Alemannen der Römer Kelte hiess und Schupfe, d. h. Schuppen, eine Strohhütte bedeutet. Auch zeigen sich unterhalb genannten Hauses künstliche Gräben, welche in Verbindung mit einem vorn sich herabziehenden Quellgraben den Punkt durch Isolierung befestigten.

Welche Bewandtnis es übrigens mit dem Dorfnamen Heiligenschwendi hat, ist nicht klar. Schwendi zwar, wie ein benachbartes Bergdörfchen heisst, bezeichnet eine Waldrodung; aber der von jenem Dörfchen unterscheidende Namensbestandteil Heiligen kann nur von einer Kapelle oder von einem Kloster hergeleitet werden. Eine Kapelle hat nun, unseres Wissens, der Ort nie gehabt, und die Ableitung von einem Kloster wäre nur dann zulässig, wenn nachgewiesen werden könnte, dass Interlaken, welches vielen Grundbesitz im Seegelände hatte, oder Thorberg, welchem das Bächigut gehörte, diese Berggegend besessen und urbar gemacht hätte.

Noch höher hinauf liegt der sogenannte Hüniboden, wo die Quelle des Hünibachs entspringt, der denn auch seinen Namen vom Hüniboden muss bekommen haben. Ist der Hüniboden schon wegen seines mit besagtem Hun verwandten Namensbestandteils Hüni beachtenswert (ein Geschlecht Hüni ist hier nicht vorhanden), so ist es nicht weniger dessen Lokalität. Es ist nämlich derselbe ein längliches, geräumiges Plateau, gegen die Talseite nördlich und östlich begrenzt durch eine, wie es scheint, natürliche, wallartige Erhöhung, südlich und westlich durch waldige Berghänge der Blume, die hier in einem Winkel zusammenstossen. Nur südöstlich, wo der Hünibach abfliesst, ist obiger Erdrücken unterbrochen. Wie heutzutage die Musterungen der Bergmannschaft auf diesem Plateau abgehalten werden, so mag dasselbe in der Vorzeit zu einem Wehrplatz gedient haben. Bodenkultur, die hier noch fehlt, wird dies später wahrscheinlich bestätigen.

Sehr merkwürdig, weil auf vorgeschrittenen Kunstfleiss und verfeinerte Kultur hinweisend, sind die im Jahre 1855 im Torfe Oberhofen (K. B. S. 283) erhobenen Fundstücke keltischen Altertums, über welche der Anzeiger für schweiz. Geschichte u. Altertumskunde, 1856, S. 25 nachzusehen. An dieselben reiht sich eine in der Lohner’schen Sammlung in Thun befindliche bronzene Schmuckkette an, welche ein vierfaches Gehänge hat; sie wurde aus altem Gemäuer in der Gegend von Oberhofen hervorgezogen. Bei dem Vorhandensein von Spuren vorgermanischer Ansiedlung in Oberhofen dürfte der hinter Oberhofen gelegene Wallisgraben wegen seines ersten Namensbestandteils Beachtung verdienen, ebenso die Balme, der ehemalige Standort der Burg gleichen Namens, welcher notorisch keltischer Abkunft ist. Auch die im Dorfe vorkommenden Heidenhäuser sind zu beachten, selbst wenn der Name Heidenhaus, wie in einem hievor besprochenen Falle, zunächst nur auf die katholische Zeit zurückgehen sollte.

Bei dem hoch oberhalb Oberhofen, unterhalb der Blume gelegenen Bergdörfchen Ringolzwyl wurde im Herbst 1860 die Lokalität, welche im Jahre 1840 die K. B. S. 284 erwähnten Bronzealtertümer geliefert hat, aus Veranstaltung von Herrn G. von Bonstetten nochmals genau untersucht. Von dem Kalksteinblock, bei welchem jene Bronzen ausgegraben wurden, fand sich zwar nichts mehr vor, weil derselbe inzwischen ganz weggesprengt worden war; dagegen zeigten sich in seiner ehemaligen Umgebung, in der Tiefe von 1 Fuss, die bereits bei einer Sondierung im Jahre 1846 beobachteten und a. a. O. erwähnten Vorkommenheiten, jedoch ohne dass etwas Weiteres zum Vorschein kam.

Je sicherer es aus Obigem erhellt, dass in dieser Berggegend Kelten ihr Wesen getrieben haben, desto beachtenswerter sind die Kalksteinblöcke, welche auf der jenseits eines Bachrunses gegenüberliegenden Ringolzwyl-Allmend und aus der weiterhin anstossenden Aeschlen-Allmend vorkommen. Einer derselben, der sogenannte Kapfstein, erhebt sich 10 Fuss hoch, in der Form eines stumpfen Horns, jenseits dem Bache, dem Dorfe zunächst gegenüber. Ein anderer liegt auf der Allmend des mit Ringolzwyl nach Sigriswyl eingepfarrten Bergdörfchens Aeschlen, doch über demselben und der pyramidalen Spitze des majestätischen Niesen gerade gegenüber. Er stellt, obschon unbearbeitet, einen grossen Altar auffallend ähnlich dar, indem er, vorne drei Fuss, hinten zwei Fuss hoch, eine zehn Fuss lange und fünf Fuss breite, an den Breitseiten aufgewulstete, im Übrigen nach der Mitte etwas eingesenkte Oberfläche hat. Ausserdem kommen zwischen obigen Blöcken verschiedene, weniger merkwürdige zerstreut vor. Auffallend ist es nun, dass die in steilen Absätzen zerklüftete Spitze des erstgenannten Blocks sehr starke Feuerspuren aufweist, indem unter der dichten Rasenbekleidung mächtige Aschen- und Kohlenablagerungen bis tief in die Felsspalten hinab vorkommen; auch ist das Gestein vom Feuer rötlich und mürbe gebrannt. Letztere Feuerspuren zeigen sich auch an dem altarartigen, übrigens nackten Blocke. Wollte man nun bei Letzterem dieselben durch Benutzung als Unterlage zu Bergfeuern, wie sie bei uns üblich sind, erklären, so wäre diese Erklärung auf Ersteren, der zum vorausgesetzten Zwecke durchaus ungeeignet ist, schlechterdings nicht anzuwenden. Vielmehr ist es glaublich, dass beide Blöcke im keltischen Gottesdienst ihre Rolle, so gut als der ehemals bei Ringolzwyl gelegene, gespielt und zum Opfern gedient haben. Nachgrabungen um diese Blöcke, welche jedoch durch das hiesige Ablagern von Feldsteinen erschwert werden, dürften die Wahrheit dieser Annahme bekräftigen.

Eine mittelalterliche Merkwürdigkeit des Pfarrdorfes Sigriswyl (K. B. S. 285) ist das sogenannte Heidenhaus, ein oben im Dorfe unter den hölzernen Wohnungen sehr auffallender fester Steinbau, der einem Bauernhause zur Rückwand dient, und aus grossen Rollsteinen und kleinem Bruchgestein aufgeführt, bis unter das Dach sich erhebt, übrigens in seinem Innern einen Einbau in der Art einer Hauskapelle enthält. Dieser Bau, wohl nur der Rest eines grösseren Ganzen, macht, obwohl nicht burgartig, doch den Eindruck, als sei er der Sitz eines begüterten und angesehenen Geschlechtes gewesen. War hier vielleicht das Sässhaus des zu Bern verburgerten, übrigens unadeligen Geschlechts von Sigriswyl, aus welchem Wernher in einer Interlakner Urkunde von 1226 als Zeuge erscheint? Ähnliche Wohnungen kommen übrigens im Oberland unter dem Namen von Steinhäusern verschiedentlich vor. Zu Endorf bei Sigriswyl, zuäusserst im Dorfe, oben am Stutz gegen Merligen, liegt das Kappeli, ein Bauernhaus mit starkem, steinernem Unterbau. Hinter demselben wurden beim Abgraben von Erde Totengerippe gefunden. Mag der sogenannte Kastel bei Sigriswyl nach geologischer Ansicht nur eine natürliche, durch Wasser gebildete Formation sein, so ist derselbe wegen seiner zu einem festen Punkte geeigneten Lage und wegen seines hiermit übereinstimmenden Namens immerhin beachtenswert. Auch ein oberhalb Sigriswyl am Berghang ansteigender konischer Hügel verdient, wiewohl nach geologischer Ansicht ebenfalls nur eine natürliche Formation, antiquarische Beachtung.

Wir schliessen diese Beobachtungen mit einer Bemerkung, die sich aus denselben und den schon in unserer antiquarischen Topographie des Kantons gemachten Mitteilungen ergibt. In keinem Teile des Landes kommen antike Bronzen ältester Komposition öfter zum Vorschein als in diesem, zumal am linken Seeufer. Vom Kelt wurden zu Ringolzwyl 14 Exemplare gefunden, zunächst um Thun je einer im Schönbühl und in der Dorfhalten oberhalb des Schwandenbadgässli, sodann weiterhin und landauswärts je einer auf dem Renzenbühl, beim Gwatt und bei Wimmis. Dolche fand man zu Ringolzwyl, 2 auf dem Renzenbühl, 1 zu Einigen, 2 zu St. Columban, und zwar diese im Begleit eines Schwertes; Lanzenspitzen 2 zu Ringolzwyl, mehrere zu Hilterfingen, je eine auf dem Renzenbühl, auf dem Bürgli bei Strättligen und auf der Einigen-Allmend. Ausserdem erscheint häufig Bronzeschmuck, so am rechten Seeufer zu Oberhofen, hier im Begleit von silbernem Schmuck, zu Hilterfingen, von Thun landeinwärts zu Kienachern und Gurzelen, am Renzenbühl und auf dem Zwieselberg, landaufwärts und am linken Seeufer, im Tetter und zu Spiez, hier von Bernsteinschmuck begleitet.

Ein Depot von Erzkomposition, aus welcher hier zu Lande diese Bronzen gefertigt wurden, hat, wie wir oben gesehen, der Heustrich geliefert. Aus diesen Vorkommenheiten erhellt aufs Deutlichste Folgendes: In derjenigen Periode der europäischen Kultur, welche mit dem Namen des Bronzezeitalters bezeichnet wird und diesseits der Alpen ungefähr im fünften Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung ihr Ende mag erreicht haben, hatte die Gegend um den unteren Thunersee eine ziemlich dichte, wehrhafte, keineswegs ärmliche und kunstlose Bevölkerung, welche nicht ohne Handelsverbindungen war. Mit dem frühen, weit fortgeschrittenen Anbau, welcher später, im sogenannten eisernen Zeitalter, eher zu- als abgenommen hat, steht in bester Übereinstimmung die Sage, dass in diesem herrlich gestalteten Gelände, in welchem überhaupt die meiste Sage sich erhalten hat, schon in der römisch-helvetischen Zeit der erste Same des christlichen Glaubens ausgestreut worden sei.

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