Thun-Renzenbühl: Quellen

Dies ist ein Prolog. Er bietet eine Übersicht zum Thema Funde aus der Bronzezeit in der Umgebung von Thun, genauer im Gebiet Schoren und Allmendingen. Besonders die Funde von Thun-Renzenbühl, wie sie in der Literatur genannt werden, gehören zu den bedeutendsten der mitteleuropäischen Bronzezeit. Dies ist eine erste, unkommentierte Quellensammlung. Ich hoffe, sie ist nicht allzu verwirrend. Weitere Inhalte werden folgen.

Im Oberländer Tagblatt, Band 57, Nummer 89, 18. April 1933:

Keltengrab im Wilerhölzli untersucht

Im Wilerhölzli, dem weit über die Thuner Ebene hinausragenden Hügel bei Allmendingen, wurde von W. Zimmermann und F. Wuillemin erneut ein Keltengrab geöffnet und eingehend erforscht. Professor Tatarinoff, der ebenfalls anwesend war, datiert die bislang untersuchten fünf Gräber anhand der in drei Gräbern gefundenen Keramik- und Bronzebeigaben in die Frühbronzezeit.

In dem zuletzt geöffneten Grab fanden sich weder Bronze noch Keramik, sondern ein Schmuck aus etwa 800 kleinen Schneckenschalen, die durchbohrt waren, um sie an Schnüren aufzuziehen. Es muss ein prächtiger Schmuck gewesen sein – diese einst braungefleckten, glänzenden Meerschneckenschalen, die wohl eine vornehme Häuptlingsfrau bedeckten. Laut Dr. H. Gerber aus Bern handelt es sich bei den Schnecken um die Art Columbella rusticosa, die heute noch im Mittelmeer vorkommt. Ebenso wie das Bernsteinstück, das vor zwei Jahren in einem benachbarten Grab entdeckt wurde, deutet dieser Fund auf Handelswege hin, die bereits damals über die Alpen nach Italien führten.

Während die Verstorbenen in den anderen vier Gräbern mit nach Süden gerichtetem Kopf ausgestreckt lagen, handelte es sich bei diesem Grab offenbar um ein Hockergrab. Der Grabgrund bestand aus flach aneinandergelegten Steinplatten, die Seitenwände waren aus Rollsteinen errichtet, die sich auf der Kuppe des Strättligmoränen-Hügelzugs in grosser Zahl fanden.

Es wäre wünschenswert, wenn das Thuner Museum eine systematische Untersuchung der gesamten Kuppe durchführen könnte, da sie vermutlich noch weitere Gräber birgt. So liessen sich wertvolle Erkenntnisse über die damalige Kultur und Besiedlung unserer Region gewinnen.

Oberländer Tagblatt, Band 57, Nummer 164, 17. Juli 1933:

Keltengräber bei Allmendingen

Auf der aussichtsreichen Höhe des Klummernhölzli bei Allmendingen, wo bereits bei der Kiesgewinnung mehrere alte Gräber entdeckt wurden, führen die Naturwissenschaftliche Gesellschaft und die Museumskommission von Thun derzeit systematische Grabungen durch.

In der vergangenen Woche kamen dabei zwei neue Gräber zum Vorschein, beide mit einer Nordwest-Ausrichtung von etwa 30 Grad. In einem der Gräber deutet die Lage der Knochen auf eine Bestattung in Hockerstellung hin. Beide Gräber sind aus mittelgrossen Schottersteinen im Trockenmauerwerk errichtet, während der Boden aus Steinplatten besteht.

Während eines der Gräber noch weiter untersucht wird, wurde im anderen an einem Armknochen eine schöne Bronzespange gefunden. Gemeinsam mit einem kleinen Schmuck aus Columbella-Schalen aus demselben Grab wird sie dem Thuner Museum übergeben.

Die Untersuchung des Schädels und der Knochen soll Aufschluss darüber geben, welchem Volksstamm diese Bewohner unserer Gegend um ca. 1600 v. Chr. angehörten. Bedauerlich ist, dass aus finanziellen Gründen nicht die gesamte Hügelkuppe – die damals offenbar als idealer Begräbnisplatz diente – untersucht werden kann.

F. W.

Franz Wuillemin war ein Lehrer und Historiker, der in Thun wohnte und wirkte, hier ein Nachruf. (Suchergebnisse im Oberländer Tagblatt)

W. Zimmermann war ein in Bern wohnhafter Förster (?) und Historiker. Hier ein längerer Bericht von ihm über «prähistorische» Funde in Thun: Prähistorische Streiferein in der weiteren Umgebung von Thun

Nun die Annäherung an Thun-Renzenbühl – eine Lokalität, die heute nicht mehr unter diesem Namen bekannt ist. Auf Karten ist sie als Enzebüel oder Enzenbühl verzeichnet. Sie liegt beim Pfadiheim hinter dem Restaurant Cavallino im Gebiet Schoren. In der Nähe befinden sich ein Lidl und das Playoff; dahinter erstreckt sich der Schorenwald – eine beliebte Gegend für Jogger und Spaziergänger.

Im Thuner Tagblatt, Band 94, Nummer 2, 5. Januar 1970:

Der alte Oberlandweg führte über den Moränenzug von Allmendingen zum Strättliggut und weiter nach Wimmis. Dass sich entlang dieses Weges schon früh Siedler niederliessen, belegen zahlreiche Funde aus der Mittel- und Jungsteinzeit, der Bronze- und Eisenzeit, der römischen Epoche bis hin zur Völkerwanderung.

So wurde in Allmendingen im Jahr 1922 ein lanzenförmiger Dolch entdeckt. Zwischen 1920 und 1941 fand man auf der Chlummern und im Wilerhölzli neun Steinzeitgräber mit bedeutenden Beigaben wie Dolchen, Halsringen, Bernsteinanhängern, kerbschnittverzierten Scherben sowie über 1.500 durchbohrten Schneckenhäusern.

Das Buchholz, genauer das Eggetli zwischen dem Renzenbühlwäldchen und dem Burgerwald, lässt auf einen bronzezeitlichen Friedhof schliessen. Dort wurden fünf Gräber entdeckt, begleitet von Werkzeugen, Scherben, Lanzenspitzen und einer besonderen Randaxt, in deren Bronzeunterlage Goldstifte aus Blassgold eingelassen wurden. Professor Tschumi schloss aus diesem Fund, dass die frühbronzezeitliche Metalltechnik nördlich der Alpen ein bemerkenswertes Niveau erreichte.

In Gwatt wurde 1842 ein aussergewöhnlich grosser bronzener Streitmeissel gefunden. Zudem kam dort eine Matritze für ein Tonbildwerk zum Vorschein, die eine Knabenfigur mit Attributen darstellte.

Auch in Schoren vermutete man ein Gräberfeld, was durch verschiedene Funde gestützt wird. Unterhalb des Strättligturms wurde ein Grab mit einer Gürtelschnalle und einem Dolch entdeckt, die aus der Zeit der Völkerwanderung stammen.

Zwischen 1829 und 1846 wurden in Thun-Renzenbühl mindestens drei Gräber entdeckt. Heute lagern die Funde im Bernischen Historischen Museum.

Lohners ursprünglicher Fundbericht aus Der Schweizerische Geschichtsforscher über das erste Grab:

Renzenbühl Lohner

Carl Friedrich Ludwig (C.F.L.) Lohner war ein Thuner Politiker und Historiker. Er hat sogar einen Wikipedia-Eintrag.

Nun zu den zwei anderen Gräbern.

Die Auszüge stammen aus Renzenbühl und Ringoldswil : die Fundgeschichte zweier frühbronzezeitlicher Komplexe:

Im folgenden Jahr schon, im November 1830, entdeckte man beim Kiesabbau an gleicher Stelle ein weiteres Grab, das Grab 2 vom Renzenbühl. Darüber unterrichtet uns ein Brief von C. Lohner an Ferdinand Keller, den Präsidenten der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, der offenbar auf den Fundkomplex vom Renzenbühl aufmerksam geworden war und ihn in seinen Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft publizieren wollte. Lohner schreibt: «Nicht weit von dem auf S. 440 beschriebenen Grabe deckte man im Jahr 1830 ein ähnliches auf und fand darin den gut erhaltenen Schädel eines jungen Menschen, einen Dolch und eine Nadel von Kupfer, alle drei im Besitz eines hiesigen Herrn.»

Albert Jahn beschreibt noch ein weiteres Grab, das erst nachträglich, im Jahre 1846, durch Gustav von Bonstetten und wahrscheinlich Jahn selbst ausgegraben wurde:

Im Jahr 1846 entdeckte man an der inzwischen weiter abgegrabenen Südostspitze des Renzenbühls ein drittes Grab. Dasselbe befand sich unter den Wurzeln einer grossen Eiche, war beim Umsturz des unterhöhlten Baumes samt dem Gerippe und seiner rohen Steineinfassung ausgerissen worden und schwebte so überhängend, zwischen den Wurzeln eingeklemmt. An den Arm- und Beinröhren trug das Gerippe vier vollgegossene, schön gearbeitete Ringe; zwei dünnere hatten eine Vorrichtung zum Schliessen; die andern waren an den gegeneinander gebogenen Enden geschlossen, und der eine von diesen, grösser als der andere, war in der Rundung unverziert, aber an den Enden in der Form einer Kanonenmündung gereift; der kleinere trug in der Rundung neunzehn wellenförmige, durch je zwei Parallelen ausgeschiedene Knäufe. Ausserdem fand man bei dem Gerippe Scherbchen eines dünn gearbeiteten und leicht gebrannten Gefässes aus schwarzer Erde.

Zum Schluss noch drei moderne Abhandlungen über die Funde von Thun-Renzenbühl und deren Bedeutung. Der letzte ist für mich der interessanteste:

Das Randleistenbeil von Thun-Renzenbühl als Venus-Kalender

Zerstörungsfreie Untersuchungen des frühbronzezeitlichen Randleistenbeils aus Thun-Renzenbühl

Das Beil von Thun-Renzenbühl

UPDATE 8. August 2025:

Hier noch zwei gute Quellen (Buchkapitel) mit wichtigen Grundinfos zur Bronzezeit in der Schweiz:

Die Frühe Bronzezeit in der Westschweiz. Funde und Befunde aus Siedlungen, Gräbern und Horten der entwickelten Frühbronzezeit

Oxford Handbook of the European Bronze Age: Switzerland and the Central Alps

UPDATE 16. August 2025:

Und noch etwas zur Bronzeaxt von Thun-Renzenbühl:

New insights into early bronze age damascene technique north of the alps

Bild: Bernisches Historisches Museum, Link zur Publikation mit dem Foto

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